Karoline und Jessica kämpfen im Pflegealltag mit Bürokratie und Systemmängeln.
Karoline und Jessica sind zwei Mütter aus NRW, die beide Kinder mit Behinderung haben. Ihr Alltag ist geprägt von ständigen Herausforderungen, die oft systemisch bedingt sind.
Karoline steht mit ihrem achtjährigen Sohn Laurenz vor einer Rehaklinik in Meerbusch. Laurenz leidet an Muskeldystrophie, eine Erkrankung, die seine Bewegungsfähigkeit zunehmend einschränkt. Drinnen wartet Jessica, die allein mit ihren beiden mehrfachbehinderten Kindern lebt. Ihre Tochter kam frühzeitig zur Welt und musste in der Folge intensive medizinische Hilfe in Anspruch nehmen.
„Es gibt keinen normalen Tag“, sagt Jessica. „Es gibt keine Trennung zwischen Pflege und Freizeit. Du wachst auf und funktionierst einfach. Anders geht es nicht.“ Karoline nickt zustimmend. Sie hat drei Kinder, eines davon ist ebenfalls betroffen durch eine fortschreitende Muskelerkrankung. Der Alltag ist geprägt von Schule, Kita, Therapien und Arztterminen. „Improvisieren ist Alltag“, erklärt sie. „Unsere To-do-Listen enden nie.“
Die beiden Frauen haben sich über die Elterninitiative „Gemischte Tüte“ kennengelernt, die Karoline mitgegründet hat. „Ich wusste damals, dass ich Leute brauche, die verstehen, was es heißt, ständig zu organisieren, zu erklären und zu kämpfen“, reflektiert sie.
Trotz anerkanntem Pflegegrad und Anspruch auf Hilfe sind die beiden Mütter mit einer oft schwerfälligen Bürokratie konfrontiert. „Es wird alles schwer gemacht“, sagt Jessica. „Neue Formulare und Gutachten müssen jedes Jahr neu erstellt werden. Niemand fragt, wie es uns dabei geht.“
Karoline, die Juristin ist, sieht die Problematik in der Unzulänglichkeit des Systems: „Wie sollen das Eltern schaffen, die kaum Deutsch sprechen oder alleine sind? Die Pflegeversicherung war ursprünglich für ältere Menschen gedacht und versagt oft bei Familien mit kleinen Kindern.“
In Berlin finden derzeit Beratungen über die Zukunft der Pflegeversicherung statt. Währenddessen werden in Nordrhein-Westfalen bereits Kita-Assistenzstunden gekürzt. Viele Eltern waren gezwungen, ihre Jobs aufzugeben, weil die Betreuung nicht mehr sichergestellt werden konnte. Karoline und andere Mitglieder der „Gemischten Tüte“ haben begonnen, Briefe zu schreiben und Aktionen zu organisieren, um auf die Missstände aufmerksam zu machen. „Wir wurden gehört, aber es darf nicht vom Engagement der Eltern abhängen, ob Hilfe funktioniert“, so Karoline.
Was staatliche Stellen oft nicht leisten können, übernehmen engagierte Eltern selbst. Die Initiative organisiert Treffen auf einem Bauernhof, bietet Vorträge mit Fachleuten an und ermöglicht einen Austausch über eine eigene App. Mittlerweile sind über 250 Familien aus Düsseldorf und Umgebung aktiv in der „Gemischten Tüte“. „Manchmal ist das der einzige Halt in unserem Alltag“, berichtet Jessica. „Die anderen Eltern in der Gruppe wissen, wie es ist.“
Beide Frauen formulieren einen klaren Wunsch: „Wir wollen nicht kämpfen müssen, wir wollen einfach dazugehören“, sagt Jessica. Sie betonen, dass sie keine Mitleidserklärung benötigen, sondern Strukturen, die ihre Realität berücksichtigen und sie als Teil der Gesellschaft wahrnehmen.
Der Alltag der beiden Mütter führt vor Augen, wie wichtig es ist, bessere Rahmenbedingungen für Familien mit besonderen Bedürfnissen zu schaffen.
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