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Das Bad ist rosa: Beuys' Haus kann besichtigt werden

Drakeplatz 4 war in der Düsseldorfer Kunstszene eine der berühmtesten Adressen: Hier lebte und arbeitete Joseph Beuys. Erstmals ist das Haus öffentlich zugänglich und birgt originale Details.

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Einstiges Atelier- und Wohnhaus von Joseph Beuys Rolf Vennenbernd/dpa

Düsseldorf (dpa) - Das einstige Atelier- und Wohnhaus von Joseph Beuys (1921-1986) in Düsseldorf ist künftig für die Öffentlichkeit zugänglich. Eine Stiftung hat die geschichtsträchtige Wirkungsstätte des weltberühmten Fett- und Filzkünstlers am Drakeplatz in Oberkassel gekauft.

Vom kommenden Sonntag an können Besucher und Besucherinnen das Haus von innen besichtigen und dort eine Präsentation mit rund 60 Werken zu Beuys' Schaffen sehen, teilte die Brunhilde Moll Stiftung mit. Ergänzt wird die Schau durch Fotos mit Szenen aus dem Leben und Wirken von Beuys am Drakeplatz 4.

Ein rosa Badezimmer

«Hier war das Beuyssche Hirn zuhause», sagt Kurator Gerhard Finckh. Der ehemalige Leiter des Wuppertaler Von der Heydt-Museums gehört zu einem kleinen Team, das das einstige Beuys-Haus neu gestaltet und behutsam modernisiert hat. «Die Vergangenheit ist noch da, aber wir machen etwas Neues daraus», sagt die künstlerische Leiterin Elza Czarnowski. 

Geblieben sind einige überraschende Einrichtungsdetails, die noch auf Beuys zurückgehen. So etwa der Gartentisch im Innenhof, den Beuys aus vier zu Türmchen gestapelten einfachen quadratischen Steinplatten baute und eine dann eine weiße Marmorplatte daraufsetzte. 

Nicht ganz geklärt ist die Geschichte um das Badezimmer mit den leuchtend rosafarbenen Fliesen. Der spätere Käufer des Hauses hatte das Bad zwar so übernommen. Ob es aber schon zu Beuys' Zeiten so aussah oder es nach dem Tod des Künstlers renoviert wurde, ist ungeklärt. 

Jedenfalls habe Beuys ein «ein Faible für Italien» gehabt, sagt Finckh. So hatte der Künstler im oberen Bereich des Hauses auch einst Terracotta-Fliesen verlegen lassen. 

 

Die Räume mit saalartig hohen Decken und großen Fensterfronten zum Innenhof hatte Beuys von 1961 bis zu seinem Tod 1986 als Wohnhaus und Atelier genutzt. Ein Schwarz-Weiß-Foto von Michael Ruetz zeigt eine Szene, in der Joseph und Eva Beuys mit den beiden Kindern Wenzel und Jessyka im großen Wohnraum vor einem aufgehängten Fernseher sitzen und alle «Raumschiff Enterprise» gucken.

1975 zog die Familie dann in eine nahegelegene Wohnung. Das Haus am Drakeplatz blieb aber Beuys' Büro, Atelier und «Denkraum», so Finckh. Die Brunhilde Moll Stiftung erwarb das Beuys-Haus, nachdem die Stadt Düsseldorf und das Land Nordrhein-Westfalen 2021 kein Interesse daran gezeigt hatten. Das Gebäude habe aufgrund von Umbau und Umnutzung nur noch eine eingeschränkt historische Bedeutung, hatte es damals geheißen. 

Kunstexperte Finckh sieht das ganz anders. Beuys sei einer der wichtigsten europäischen Künstler in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewesen und sein Haus «zentrale Produktions- und Wirkungsstätte». Hier seien seine plastischen Werke, Ideen und Skizzen zu Aktionen entstanden, mit denen er weltberühmt wurde. Die Räume waren zu Beuys Lebzeiten Treffpunkt für Prominente, Politiker und Künstler. Auch Andy Warhol sei wohl mal zum Mittagessen vorbeigekommen, sagt Finckh. 

Viele Künstler lebten am Drakeplatz

Künftig soll das Haus auch Kunststipendiaten beherbergen, und es soll Diskussionsabende, Kunstgespräche und Performances dort geben. Denn die Recherche zur Historie des 1908 bereits als Atelier durch den Bildhauer Albert Pehle errichteten Gebäudes mit dem großen Holzportal hat hervorgebracht, dass dort von 1908 bis 2023 mehr als 20 Künstler zeitweise lebten und arbeiteten. 

Darunter waren etwa der rheinische Expressionist Walter Ophey und auch der neu-sachliche Künstler Heinrich Maria Davringhausen. Das Atelierhaus kann also auf eine mehr als 100-jährige Kunsttradition blicken.

Zu Beginn wohnte Beuys am Drakeplatz sogar mit dem Kissenbild-Künstler Gotthard Graubner in einer Art Künstler-WG zusammen. Graubner habe wohl die Miete für das ganze Haus nicht allein bezahlen können, sagt Finckh. Da habe er seinen Freund Beuys gefragt, ob er nicht einziehen wolle. Beuys wurde zunächst Mieter des Hauses und kaufte es 1983. Nach seinem Tod 1986 blieb das Gebäude in Familienbesitz, bis es 1999 veräußert wurde. 

Objekte aus dem Haus heute in Museen

1961 bezogen Eva und Joseph Beuys das Atelier - «Beuys mit seinem Lederkoffer, ich mit einem kleinen Korb meiner Großmutter», schrieb Eva Beuys in ihren Anmerkungen über den kargen Haushalt. Natürlich wurde in einer Ecke eine Fettecke angebracht, das Markenzeichen von Beuys. Viele Objekte aus dem Hausstand im «großen Zimmer» habe Beuys zu Kunst gemacht, schrieb Eva Beuys. 

In einer Ecke ist heute noch ein Ofenrohr-Loch zu sehen. Das dazugehörige Rohr ragt seit Jahren aus der Kunsthalle Düsseldorf. Einrichtungsgegenstände tauchten später in Ausstellungen und Sammlungen der großen Museen der Welt wieder auf - der Ofen aus dem Drakeplatz ebenso wie der Stamm eines Weihnachtsbaums. 

© dpa-infocom, dpa:240919-930-236791/3