Fast 14.000 Inhaftierte in NRW - Wer darf wie wählen?
Fast 14.000 Menschen sind in Gefängnissen in NRW inhaftiert. Ihnen werden viele Rechte entzogen, das Wahlrecht aber nicht. Wie das Wählen abläuft - und welche Kritik es daran gibt.
Düsseldorf (dpa/lnw) - Auch Gefängnisinsassen dürfen bei der Bundestagswahl am 23. Februar wählen - das ist schon seit der dritten Bundestagswahl im Jahr 1957 so. Fast 14.000 Menschen sind derzeit in Nordrhein-Westfalen inhaftiert, wie ein Sprecher der Landesjustizvollzugsdirektion auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mitteilt.
«Teilnahme an Wahl trägt zur Wiedereingliederung bei»
«Wir ermöglichen unseren Inhaftierten nicht nur die Teilnahme an Wahlen, wir ermutigen sie auch zur Wahrnehmung ihres Wahlrechts», sagte Justizminister Benjamin Limbach (Grüne). «Die Teilnahme an einer demokratischen Wahl trägt zur Wiedereingliederung bei, denn die Inhaftierten können erleben, dass jede Stimme das gleiche Gewicht hat – auch von ihnen», so der Minister weiter.
Doch nicht alle der knapp 14.000 inhaftierten Menschen sind wahlberechtigt - das liegt allerdings nicht etwa an ihren Verbrechen, sondern hat dieselben Gründe wie außerhalb der Mauern und richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen des 12. Paragrafen im Bundeswahlgesetz. «Demnach sind alle Deutschen wahlberechtigt, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben, seit mindestens drei Monaten in Deutschland eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten und nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind», teilt der Sprecher der Landesjustizvollzugsdirektion mit.
Wahlrechtsausschluss nur in Extremfällen
Ausgeschlossen vom Wahlrecht sei nur, wer infolge eines Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt. Laut der Webseite der Bundeswahlleiterin gelte das für zwei bis maximal fünf Jahre und passiert aber nur in wenigen Fällen, wie:
- Vorbereitung eines Angriffskrieges und Hochverrat gegen den Bund
- Landesverrat und Offenbarung von Staatsgeheimnissen
- Angriff gegen Organe und Vertreter ausländischer Staaten
- Wahlbehinderung und Fälschung von Wahlunterlagen
- Abgeordnetenbestechung
- Sabotagehandlungen an Verteidigungsmitteln oder sicherheitsgefährdender Nachrichtendienst
Nach Angaben der Landesjustizvollzugsdirektion gab es zwischen 2018 und 2023 keinen solchen Fall in NRW. Erfüllen die Insassen die sonstigen Kriterien, können sie - sofern sie im offenen Vollzug sind - am 23. Februar persönlich im Wahllokal der Gemeinde wählen gehen. Im geschlossenen Vollzug hingegen besteht nur die Option der Briefwahl. «Das Wahlgeheimnis ist dabei gewährleistet, denn Wahlbriefe sind von der Postkontrolle ausgenommen», betont der Sprecher.
Linke sieht Probleme bei der Umsetzung
Die Linkspartei in NRW verweist jedoch auf häufige Probleme, gerade bei der Briefwahl und insbesondere in diesem Jahr, in dem das Zeitfenster für die Briefwahl aufgrund der vorgezogenen Neuwahl kleiner ist. «Auch die politische Information und Bildung ist für die Gefangenen nur eingeschränkt möglich», sagte eine Linken-Sprecherin.
Politische Bildung und Teilhabe seien ein wichtiger Bestandteil jeder Resozialisierung. «Deswegen halten wir es für wichtig, hier besondere Informationsangebote für Strafgefangene zu schaffen», so die Sprecherin. Möglich seien etwa Podiumsdiskussionen mit den Direktkandidaten in den Gefängnissen oder eine Verteilung von Wahlprogrammen an alle wahlberechtigten Gefangenen.