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Ukrainer in Oberhausen getötet - Anklage gegen Jugendliche

Nach dem aufsehenerregenden Doppelmord an zwei Ukrainern in Oberhausen hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Für die Behörde ist eine ganze Jugendgruppe für die Tat verantwortlich.

Angriff auf Ukrainer in Oberhausen Christoph Reichwein/dpa

Oberhausen/Essen (dpa/lnw) - Ein halbes Jahr nach dem tödlichen Messerangriff auf zwei Ukrainer in Oberhausen hat die Staatsanwaltschaft Mordanklage gegen vier Jugendliche erhoben. Die 14- bis 15-Jährigen seien wegen gemeinschaftlichen zweifachen Mordes angeklagt, sagte ein Sprecher des Landgerichts Essen der Deutschen Presse-Agentur. Außerdem umfasse die Anklageschrift eine ganze Reihe weiterer Raubüberfälle und Körperverletzungen, die die vier Jugendlichen in wechselnder Besetzung seit Mai 2023 verübt haben sollen. Das Gericht muss nun entscheiden, ob es die Anklage zur Hauptverhandlung zulässt.

Die Tat vom 10. Februar hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt. Die beiden 17 und 18 Jahre alten angehenden Profi-Basketballer aus der Ukraine waren am Oberhausener Hauptbahnhof angegriffen und durch Messerstiche so schwer verletzt worden, dass sie starben.

Die beiden waren vor dem Krieg in ihrer Heimat nach Deutschland geflüchtet und spielten in Düsseldorf bei den ART Giants in der U19-Bundesliga. Der Verein hatte mit großer öffentlicher Anteilnahme um die Mannschaftskameraden getrauert.

Opfer wollten Streit aus dem Weg gehen

Die mutmaßlichen Täter und ihre späteren Opfer waren an einem frühen Samstagabend in einem Bus der Linie SB 91 auf dem Weg zum Oberhausener Hauptbahnhof aufeinandergetroffen. Nach früheren Angaben der Mordkommission hatten die beiden Sportler alles versucht, um der Konfrontation aus dem Weg zu gehen. Doch die Angreifer sollen laut Anklage bereits im Bus Pläne geschmiedet haben, die Ukrainer später anzugreifen. 

Als alle am Oberhausener Hauptbahnhof den Bus verließen, kam es den Ermittlungen zufolge zu dem Messerangriff. Der 17-Jährige starb unmittelbar nach der Tat im Krankenhaus. Der 18-Jährige kam noch auf die Intensivstation, wo die Ärzte zehn Tage lang um sein Leben kämpften - doch vergeblich. 

Die Polizei bezeichnete damals einen 15 Jahre alten Deutsch-Türken aus Gelsenkirchen als Haupttäter. Er soll die tödlichen Stiche ausgeführt haben. Doch die Staatsanwaltschaft macht auch die anderen drei - einen 14 Jahre alten Deutsch-Griechen aus Herne sowie zwei 14- und 15-jährige Syrer aus Gelsenkirchen - für den Doppelmord verantwortlich.

Junge Tatverdächtige mit erheblicher krimineller Karriere

Einen rassistischen Hintergrund - wie anfangs spekuliert wurde - hatte die Tat nach damaliger Einschätzung der Polizei nicht. Die Jugendgruppe sei aber schon vor der Tat «erheblich kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten». Die Polizei ging schnell davon aus, dass die Gruppe «in der Art und Weise» nicht zum ersten Mal vorgegangen sei - etwa bei Körperverletzungen und Raubüberfällen.

Für zwei der mutmaßlichen Angreifer hatte es nach Angaben des NRW-Justizministeriums sogar schon entsprechende Hilfsangebote vom Staat gegeben. Sie hätten im vergangenen Jahr ein Angebot der Landes-Initiative «Kurve kriegen» erhalten, schrieb NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion. Das Programm richtet sich an bereits straffällige Minderjährige und soll verhindern, dass sie komplett in die Kriminalität abrutschen.

«Die Teilnahme ist aber freiwillig und auf die aktive Mitwirkung der Betroffenen ausgelegt», hatte Limbach betont. Im Fall der beiden Oberhausener Tatverdächtigen «lehnten die Betroffenen bzw. deren Sorgeberechtigte eine Teilnahme ausdrücklich ab».

© dpa-infocom, dpa:240726-930-185326/2