Die Bundeswehr soll wachsen. Was passiert, wenn nicht genügend Freiwillige sich melden?
In naher Zukunft müssen sich alle 18-Jährigen in Deutschland die Frage stellen: Willst du Soldat oder Soldatin werden? Dies wird durch das geplante Wehrdienstgesetz der Bundesregierung anvisiert, um die Truppenstärke der Bundeswehr zu erhöhen und die Bedeutung der Streitkräfte gesellschaftlich zu verankern. Eine Kabinettssitzung im Verteidigungsministerium unterstreicht die Dringlichkeit dieser Maßnahme in Zeiten geopolitischer Spannungen.
Laut Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) soll die Bundeswehr bis 2030 auf 460.000 Beschäftigte anwachsen, darunter 260.000 aktive Soldaten und 200.000 Reservisten. Derzeit zählt die Truppe rund 180.000 aktive Soldaten und 50.000 Reservisten. Um diese Zahlen zu erreichen, plant die Bundeswehr, alle jungen Erwachsenen ab dem Jahrgang 2008 per Brief zu kontaktieren, um Informationen zu ihrer Fitness und ihrem Bildungsweg zu sammeln. Dies betrifft über 600.000 Männer und Frauen, wobei für Männer die Antwortpflicht besteht, während Frauen freiwillig antworten können.
Die Dauer des freiwilligen Wehrdienstes soll mindestens sechs Monate betragen, mit einem monatlichen Einkommen von über 2.000 Euro netto und zusätzlichen Vergünstigungen. Bei längeren Verpflichtungen sind weitere Anreize wie Prämien und Zuschüsse vorgesehen. Der Bundeswehr-Generalinspekteur Carsten Breuer äußerte sich zuversichtlich, dass diese Maßnahmen die Anzahl der Bewerber erhöhen werden.
Die Situation könnte jedoch kompliziert werden, wenn nicht genügend Freiwillige bereit sind, ihren Dienst zu leisten. Patrick Sensburg, Präsident des Reservistenverbandes, warnte im Deutschlandfunk, dass die aktuellen Pläne möglicherweise nicht ausreichen, um die NATO-Anforderungen zu erfüllen. Auch Thomas Röwekamp (CDU) ist skeptisch, ob die angestrebte Truppenstärke ausschließlich durch Freiwillige erreicht werden kann.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sieht das Wehrdienstgesetz als ersten Schritt. Sollte die Rekrutierung nicht die gewünschten Ergebnisse bringen, könnte eine Rückkehr zur Wehrpflicht in Aussicht stehen. Verteidigungsminister Pistorius hat in seinen Gesetzesentwurf bereits Bedingungen für die Wiedereinführung formuliert, die eine Aktivierung der Wehrpflicht im Verteidigungsfall ermöglichen.
Unter dem Artikel 4, Absatz 3 des Grundgesetzes hat jeder das Recht, den Dienst an der Waffe aus Gewissensgründen zu verweigern. Dies bleibt von den aktuellen Planungen unberührt. Es ist jedoch denkbar, dass sich zukünftige Kriterien zur Verweigerung verschärfen könnten, was Fragen zur Glaubwürdigkeit der „Gewissensfrage“ aufwirft.
Die Debatte rund um die Bundeswehr führt zur Überlegung, ob die bestehenden Strukturen schnell wiederhergestellt werden können, sollte eine Rückkehr zur Wehrpflicht tatsächlich notwendig werden. Politische Führungspersönlichkeiten wie Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) betonen die Herausforderungen, die mit der Wiederherstellung der Infrastruktur und der Rekrutierung einhergehen.
Insgesamt zeigt sich, dass die Bundeswehr vor einer komplexen Herausforderung steht: Der Ausbau der Streitkräfte erfordert nicht nur die Rekrutierung vieler Freiwilliger, sondern auch Überlegungen zu bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Quelle: WDR, dpa, Deutschlandfunk
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