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Bundeskanzler Scholz stellt Vertrauensfrage: Was das für Deutschland bedeutet

Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Montag, den 16.12.2024, die Vertrauensfrage im Bundestag gestellt und das Vertrauen verloren. Was bedeutet das für die politische Zukunft Deutschlands? Alle Informationen dazu gibt's hier.

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Bundeskanzler Scholz beantragt Vertrauensfrage Deutschland Foto: Steffen Kugler/Bundesregierung/dpa

Der 16.12.2024 ist ein historischer Tag für die deutsche Bundesregierung. Mit der von Bundeskanzler Scholz gestellten Vertrauensfrage neigt sich die Regierung dem Ende zu. Alles zur Vertrauensfrage lest ihr hier. 

Das Ergebnis der Vertrauensfrage

Der Bundestag hat Kanzler Olaf Scholz am Montag, den 16.12.2024, das Vertrauen entzogen und damit den Weg zu einer Neuwahl am 23. Februar bereitet. Bei der Abstimmung über die Vertrauensfrage votierten 207 Abgeordnete für Scholz, 394 gegen ihn und 116 enthielten sich, wie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas bekanntgab. Der Kanzler verfehlte damit wie beabsichtigt die notwendige Mehrheit von 367 Stimmen deutlich.

Scholz wird nun ins Schloss Bellevue fahren und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vorschlagen, den Bundestag aufzulösen. Der hat dann 21 Tage Zeit zu entscheiden, ob er zustimmt und eine Neuwahl innerhalb von 60 Tagen ansetzt. Da es im Bundestag eine große Einigkeit darüber gibt, dass die ursprünglich für den 28. September 2025 geplante Bundestagswahl vorgezogen werden soll, gilt die Zustimmung Steinmeiers als sicher. 

Die Vertrauensfrage am 16.12.2024

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Debatte über seine Vertrauensfrage im Bundestag für eine Wahlkampfrede mit harten Attacken vor allem gegen die FDP genutzt. Die "wochenlange Sabotage" der Liberalen unter Parteichef Christian Lindner habe nicht nur der Ampel-Regierung, sondern auch der Demokratie insgesamt geschadet, sagte er. "In eine Regierung einzutreten, dafür braucht es die nötige sittliche Reife."

Rückblick: Kanzler Scholz beantragt die Vertrauensfrage

Nach dem Aus der Ampel-Koalition hat Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch, den 11.12.2024, im Bundestag die Vertrauensfrage beantragt:

Sehr geehrte Frau Bundestagspräsidentin, gemäß Artikel 68 des Grundgesetzes stelle ich den Antrag, mir das Vertrauen auszusprechen. Ich beabsichtige, vor der Abstimmung am Montag, dem 16. Dezember 2024, hierzu eine Erklärung abzugeben.

Olaf Scholz

Es galt schon vorher als sicher, dass Bundeskanzler Scholz bei der bevorstehenden Abstimmung der Vertrauensfrage keine Mehrheit im Bundestag bekommt. In dem Fall hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 21 Tage Zeit, auf Bitten des Kanzlers den Bundestag aufzulösen und den Neuwahltermin festzulegen. Dass Steinmeier die Auflösung verweigert, ist praktisch ausgeschlossen.

Da sich SPD, Grüne und die Union als größte Unionsfraktion haben auf den 23. Februar 2025 als Wahltermin verständigt haben und der Bundespräsident hat bisher keine Einwände dagegen erkennen hat lassen, gilt der als Termin für Neuwahlen.

Was ist die Vertrauensfrage?

Die Vertrauensfrage ist ein Instrument, das im Grundgesetz unter Artikel 68 geregelt ist. Sie dient dazu, die Stabilität der Regierung zu überprüfen oder den Weg für Neuwahlen zu ebnen. Bundeskanzler Scholz rechnet damit, keine Mehrheit zu bekommen, damit Neuwahlen stattfinden können. 

Die Vertrauensfrage diente ursprünglich dazu, einem Kanzler ein Instrument an die Hand zu geben, sich im Parlament seiner Mehrheit zu versichern. Sie wurde aber bereits in der Vergangenheit mehrfach genutzt, um Neuwahlen zu erzwingen.

Wie funktioniert die Vertrauensfrage?

Bundeskanzler Scholz hat am Mittwoch, den 11.12.2024, einen schriftlichen Antrag bei der Bundestagspräsidentin mit der formulierten Vertrauensfrage eingereicht. 

Die Abstimmung über diese Vertrauensfrage fand am Montag, den 16.12.2024 ab 13 Uhr, nicht geheim, sondern namentlich statt. Die Abgeordneten verwendeten dabei blaue Karten für "Ja", rote für "Nein" und weiße für "Stimmenthaltung".

Könnten Neuwahlen verhindert werden?

Hätte Bundeskanzler Scholz bei der Vertrauensfrage am Montag die Mehrheit der Stimmen für sich gewonnen, hätten Neuwahlen verhindert werden können. Das galt aber vorher schon als sehr unwahrscheinlich. 

Dem Bundestag gehören 733 Abgeordnete an. Um das Vertrauen des Parlaments zu bekommen, müsste Scholz 367 Stimmen erhalten - die absolute Mehrheit aller Parlamentarier, die "Kanzlermehrheit".

Die SPD-Fraktion mit ihren 207 Abgeordneten will dem Kanzler das Vertrauen aussprechen und mit "Ja" abstimmen. Die Grünen, der noch in der Regierung verbliebene Juniorpartner der SPD, haben sich noch nicht entschieden. Ihre Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann hatte zwar kurz nach dem Ampel-Aus verkündet, dass die Grünen ebenfalls für Scholz stimmen würden. Inzwischen ist aber auch eine Stimmenthaltung im Gespräch.

Sollten SPD und Grüne geschlossen für Scholz stimmen, wären das zusammen schon 324 Stimmen, also nur 43 weniger als die Kanzlermehrheit. Die AfD hat 76 Abgeordnete und könnte theoretisch Scholz zu einer Mehrheit verhelfen. Mit Jürgen Pohl hat schon ein AfD-Abgeordneter angekündigt, für Scholz stimmen zu wollen, weil er für ihn verglichen mit dem Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz das kleinere Übel sei. Es ist also gut möglich, dass die Grünen auf Nummer sicher gehen und mit der SPD vereinbaren, dass sie sich enthalten.

Wann gab es schon Vertrauensfragen?

In der Geschichte des Bundesrepublik Deutschland wurde die Vertrauensfrage bisher fünfmal gestellt. 1972 von Willy Brandt (SPD), 1982 von Helmut Schmidt (SPD), im selben Jahr von Helmut Kohl und 2001 und 2005 von Gerhard Schröder. Damit ist er der einzige Regierungschef in der bundesdeutschen Geschichte, der gleich zweimal von diesem Instrument Gebrauch machte. 

Drei der fünf Vertrauensfragen führten zu Neuwahlen, zuletzt 2005, als nach der Vertrauensfrage von Gerhard Schröder der Bundestag aufgelöst und Angela Merkel für 16 Jahre Bundeskanzlerin wurde.

Was passiert bei Neuwahlen?

Falls die Mehrheit der Bundestagsmitglieder dem Kanzler das Vertrauen ausspricht, bleibt die Regierung im Amt. Andernfalls kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Kanzlers den Bundestag auflösen, was zu Neuwahlen führen würde. Diese müssten innerhalb von 60 Tagen nach der Auflösung stattfinden. 

Ist der Bundestag nach der Auflösung noch handlungsfähig?

Ja. "Der "alte" Bundestag bleibt bis zum Zusammentritt des neuen Bundestages mit all seinen Rechten und Pflichten bestehen", heißt es in einer Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages. 

Das Parlament kann jederzeit wieder zusammentreten, es kann weiter Gesetze beschließen, auch seine Gremien wie Untersuchungsausschüsse bestehen bis zum Ende der Wahlperiode fort. Dieses Ende ist mit dem ersten Zusammentreten des neu gewählten Bundestages erreicht.

Auch die Bundesregierung ist weiterhin im Amt - und zwar im vollen Umfang und nicht nur geschäftsführend. Erst mit der Konstituierung des neuen Bundestages endet laut Artikel 69 Grundgesetz das Amt des Bundeskanzlers und seiner Minister. Sie bekommen dann vom Bundespräsidenten ihre Entlassungsurkunden überreicht.

Welche Themen gibt es 2024 noch zu regeln?

Laut Scholz gebe es noch „wenige, aber ganz wichtige Entscheidungen, die aus (seiner) Sicht keinerlei Aufschub dulden. Noch vor dem Jahresende müssten deshlab aus seiner sicht Steuerentlastungen, der Erhalt des Deutschlandtickets, die Erhöhung des Kindergelds und die Absenkung der Energiepreise geklärt werden, erklärt er in einem Statement am 11.12.2024.

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