Vermisste Dreijährige in Köln: 71-Jähriger angeklagt
2024 verschwindet in Köln ein Mädchen. Polizisten finden es später in der Wohnung eines 71-Jährigen. Der behauptet, er habe das Kind mit einer Enkelin verwechselt. Kann ein Prozess den Fall aufklären?


Köln (dpa/lnw) - Nach dem zeitweiligen Verschwinden einer Dreijährigen in Köln im Mai 2024 hat vor dem Amtsgericht der Prozess gegen einen heute 71-Jährigen begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann Entziehung Minderjähriger vor. Das Mädchen war damals nach mehr als zwölf Stunden Suche in seiner Wohnung gefunden worden.
Früheren Angaben der Ermittler zufolge hatte der Mann bei der Polizei allerdings angegeben, er habe das Kind schlicht für eine seiner Enkeltöchter gehalten. Alles also nur eine kuriose Verwechslung? Das könnte nun vor Gericht aufgeklärt werden.
Am Donnerstag wurde der Prozess nach rund einstündiger Verhandlung zunächst vertagt. Das Gericht erklärte, man wolle durch einen Gutachter die geistigen Kapazitäten des Mannes auch in Hinblick auf eine Demenzerkrankung untersuchen lassen. Während der Verhandlung sagte der Mann mehrmals, dass er nicht verstehe, worum es gehe.
Die Staatsanwaltschaft glaubt: Er bemerkte es
Laut der Anklage soll das Mädchen am Tattag mit seiner Mutter, der Großmutter und einem Bruder in einem Park im Kölner Stadtteil Kalk gewesen sein. Gegen 19.50 Uhr habe es sich von seiner Familie entfernt. Schließlich sei es in der Wohnung des Angeklagten gelandet - unter bislang ungeklärten Umständen.
Die Staatsanwaltschaft geht aber davon aus, dass der Mann im Laufe der damaligen Nacht gemerkt habe, dass es sich «bei dem Kind nicht um ein Familienmitglied, sondern um ein fremdes Kind» gehandelt habe. Dennoch habe er gegenüber Polizeibeamten, die während der Suche auch an seiner Wohnungstür klingelten, behauptet, es handle sich um seine Enkelin.
«Es war ein Missverständnis»
Der Verteidiger des 71-Jährigen wies den Vorwurf des Kindesentzugs zurück. «So viel sollte mal gesagt werden: Dem Kind ist nichts passiert», betonte der Verteidiger. Das Mädchen habe an der Wohnungstür des Mandanten geklingelt. In der Wohnung habe sich das Mädchen frei bewegen können, habe «Chips und Cola» bekommen.
Zudem sei das Mädchen umfassend untersucht worden, wobei keine Hinweise auf einen irgendwie gearteten Übergriff festgestellt worden seien. Es seien weder Fingerabdrücke noch DNA festgestellt worden.
«Es war ein Missverständnis. Er hat das Mädchen für eine Enkeltochter gehalten», sagte der Verteidiger. Das Missverständnis sei auf die «beschränkten intellektuellen Fähigkeiten» seines Mandanten zurückzuführen.