Ende einer Ära: Bochums letzte Videothek schließt ihre Türen
In Bochum schließt die letzte Videothek ihre Türen, ein nostalgischer Rückblick auf eine fast vergessene Kultur.
Erinnert ihr euch noch an das Stöbern durch Regale voller Filme? In Bochum endet diese Tradition, da die letzte Videothek im Ruhrgebiet bald schließt.
Von Boom zu Nostalgie: Das Ende einer Videotheken-Ära
Geschätzte 45.000 DVDs, Blu-ray und Videospiele lagern noch in der geschichtsträchtigen Atlantis-Megamax-Filiale in Bochum. Es waren einst Anfang der 2000er 16 Filialen der Kette, Ende des Jahres wird dann endgültig die letzte Videothek im Ruhrgebiet schließen. Bis dahin ist Inhaber Wolfgang Mohrlang mit dem Schlussverkauf seines Filmbestands beschäftigt und schwelgt dabei in kuriosen Erinnerungen.
Zeitreise in die Filmgeschichte
Schon der erste Schritt durch die rot gerahmte Eingangstür setzt eine Zeitreise in längst vergangene Jahrzehnte in Gang. In den langen Regalen reiht sich ein Hollywoodstar an den anderen, ein Stück Filmgeschichte an das nächste. Halbleere Süßigkeiten-Behälter mit längst hart gewordenem Lakritz stauben rechts neben dem Kassentresen vor sich hin, gegenüber stapeln sich große Kartonkisten und allerlei Gerümpel.
Wolfgang Mohrlang läuft in Nostalgie versunken durch die schmalen Gänge seiner in die Jahre gekommenen Videothek. Vor mehr als 40 Jahren hat der Videothekar seine allererste Atlantis-Filiale eröffnet. In der Zeit vor Netflix, Amazon Prime und Co. war für viele der Gang zur Videothek eine beliebte Freizeitbeschäftigung, um in den Regalen zu schmökern und sich die neusten Filme, Serien und Computerspiele auszuleihen. Früher noch als VHS-Kassette, Anfang der 2000er als DVD und später als Blu-ray. Doch im digitalen Zeitalter besitzen nur noch wenige einen DVD-Player oder gar ein VHS-Abspielgerät. Als einer der letzten seiner Zunft muss auch Mohrlang dieses Jahr seine Videothek aufgeben.
Es tut sehr weh, aber es lässt sich nicht aufhalten. Es ist nun mal der Lauf der Geschichte. Es ist heute einfach bequemer auf dem Sofa mit der Fernbedienung drei Knöpfe zu drücken und schon sieht man den Film, den man sehen möchte.
Wolfgang Mohrlang
Vom Familienausflug zum Klick ins Digitale
Die Notwendigkeit, weite Wege zu gehen, um Filme abzuholen und wieder zurückzubringen, sei ein entscheidender Nachteil, der schlussendlich den Niedergang der Videotheken einleitete. Dabei sei Streaming nicht zwingend billiger als eine Leihe aus der Videothek, so Mohrlang.
Früher war die Videothek ein Erlebnis für die ganze Familie, erinnert sich der 75-Jährige. Zu Eröffnungsfeiern kamen Stars wie Ralf Möller und zum Jubiläum trat Jürgen Drews auf. Auf dem Gelände wurden Hüpfburgen und Karussells aufgebaut und im Getränkewagen wurde Bier ausgeschenkt.
Erotik als Verkaufsschlager
Die glorreichen Tage sieht man der in die Jahre gekommenen Videothek nicht mehr an. Die Gänge sind leer, nur noch vereinzelt kommt Kundschaft in die Filiale. Auf die Frage, wie er es überhaupt geschafft hat, seinen Filmverleih so lange am Leben zu halten, ist seine Antwort: “Die Liebe zum Geschäft.” Vor allem aus Liebe zum Filmverleih und Dankbarkeit seinen Mitarbeitern gegenüber, hätte er den Betrieb weitergeführt.
Wäre er heute 15 Jahre jünger, würde er den längst für ausgestorben erklärten Mythos der Videothek sogar noch weiterführen. Denn das Motto “Sex Sells” gilt auch für die letzte Videothek im Ruhrgebiet: Mit Pornofilmen könne man nach wie vor als Videothekar überleben. Vor allem über 60-jährige Männer gehören in seinem Laden zur Stammkundschaft, weil diese noch immer “Angst” vor dem Internet und teuren Abofallen sowie Computerviren hätten. Die könne man sich mit einer aber DVD nicht einfangen.