«Nicht passieren dürfen»: Höri-Mordprozess kurz vor Ende
Ein Familienstreit eskaliert, eine Leiche verschwindet: Auf der Bodensee-Halbinsel Höri spielt sich 2019 ein Gewaltverbrechen ab. Erst im Mordprozess kommt Licht ins Dunkel. Nun wurde plädiert.
Konstanz (dpa/lsw) - Mehr als fünf Jahre nach dem Tod eines 51-Jährigen in dessen Haus auf des Bodensee-Halbinsel Höri steht der Prozess kurz vor dem Ende. Am vorletzten Prozesstag gegen einen 49-Jährigen aus Kleve in Nordrhein-Westfalen forderte die Staatsanwaltschaft eine lebenslange Haftstrafe wegen heimtückischen Mordes aus Habgier.
Der Angeklagte soll den Halbbruder seiner Ex-Partnerin im Juni 2019 mit Schlägen ins Gesicht, den Hals und den Oberkörper getötet haben. Dafür soll der Deutsche mit seiner damaligen Partnerin, die er in der Drogenszene kennengelernt hatte, aus NRW an den Bodensee gereist sein. Von der Leiche fehlte mehr als fünf Jahre jede Spur.
Perfektionistische Leichenbeseitigung
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte aus Habgier getötet hat. Der Halbbruder habe vom Geld der wohlhabenden Mutter gelebt, an seine Stelle habe das Paar treten wollen. Die Schwester habe bei der Mutter im Seniorenheim versucht, eine entsprechende Vollmacht zu organisieren. Nach der Tat soll sich das Paar eine Zeit lang im Anwesen des Bruders auch häuslich eingerichtet haben.
Der Angeklagte hatte die Ermittler im Verfahren selbst zur Leiche geführt. Die war laut Polizei so gut verpackt und im Garten vergraben, dass selbst die Leichenspürhunde sie 2019 auf dem Grundstück nicht finden konnten. Außergewöhnlich perfektionistisch habe der 49-Jährige die Leiche verschwinden lassen, so der Staatsanwalt. Am Tötungsvorsatz des Angeklagten gibt es laut Anklage keinen Zweifel.
Verteidiger plädierte für Körperverletzung mit Todesfolge
Nach Ansicht des Verteidigers verleitete die Halbschwester des Getöteten seinen Mandanten zu der Tat, weil sie Angst um ihr Erbe gehabt habe. Das Opfer habe das Geld der gemeinsamen Mutter verprasst.
Die Tat bewertete der Jurist als Körperverletzung mit Todesfolge. Er forderte eine Freiheitsstrafe von bis zu sieben Jahren und die Unterbringung im Maßregelvollzug wegen der Suchterkrankung des Angeklagten. Der Gutachter habe ihn zu unrecht als voll schuldfähig eingestuft. Während der Tat sei er unter dem Einfluss von Kokain gestanden.
Angeklagter macht Familie des Opfers ein Angebot
Der Angeklagte war fast genau fünf Jahre nach der Tat am 6. Juni 2024 in seiner Wohnung in Kleve festgenommen worden. Er wurde mit Hilfe von verdeckten Ermittlern überführt. Ihnen soll der Mann den Tatablauf so geschildert haben, wie ihn nur der Täter hätte kennen können.
Der 49-Jährige zeigte zu Prozessende Reue. «Ich kann mich bei der Familie nur entschuldigen», sagte er in Richtung der Nebenklage, die die Tochter und Frau des Opfers vertrat und sich bei ihrem Plädoyer der Staatsanwaltschaft anschloss. «Es hätte nicht passieren dürfen.»
Er sei eigentlich nur dabei gewesen, weil seine damalige Partnerin Angst vor ihrem Bruder gehabt habe. Sie habe ihm erzählt, dass sie von dem 51-Jährigen in der Kindheit sexuell missbraucht worden war. Das Opfer sei ihm als Schläger beschrieben worden. Deswegen sei er mit einer gewissen Dynamik in sein Schlafzimmer geeilt an besagtem Abend.
Nichts davon, was danach vorgefallen sei, sei gewollt gewesen. Wenn die Tochter des Getöteten wissen wolle, wie alles abgelaufen sei: «Ich bin jederzeit bereit, zu erzählen.» Das Urteil soll am 14. Februar fallen.